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Dero Goi im Interview

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Dero Goi (ehemals Oomph!, ehemals Kreatur) ist ein frei denkender Mensch und Musiker, der zu seinen Meinungen öffentlich steht, egal was man über ihn sagt. In unserem 45-minütigen Telefongespräch im Vorfeld konnte ich meinem sehr offenen und sympathischen Gesprächspartner einige Anregungen für das Interview entlocken.
Dero war so nett, sich unseren Fragen zu stellen. Hier könnt ihr nachlesen, was er über seinen eigenen Glauben, Oomph! und die Mainstream-Meinung zu sagen hat.

Wir von Musicghouls haben kürzlich sein Album 1984 besprochen (hier geht es zur Review!) und waren uns einig, dass dieses Album hervorragend ist. Ihr solltet auf jeden Fall einmal reinhören!
Es bietet tiefe Einblicke in seine Sichtweise der Dinge. Ob Glaube oder sogenannte Verschwörungstheorien – die Wahrheit ist irgendwo da draußen, und jeder sollte sie für sich selbst finden.

Michaela: Moin Dero

DERO: Hallo zusammen! Mich freut natürlich sehr, dass euch das Album gefällt! 🙂

Michaela: Dein neues Album „1984“ schreit förmlich George Orwell. Wie entstand die Idee dazu und ziehst du Parallelen zum Roman?

DERO: Als ich Anfang 2020, während des ersten Lockdowns, einen Großteil des Materials schrieb, das letztlich Einzug auf „1984“ gefunden hat, war ich durch die entsprechenden Maßnahmen quasi dazu gezwungen, völlig autark zu komponieren. Also setzte ich mich vor meinen Rechner und fing an, auf meinem Keyboard zu komponieren, ganz rudimentär, völlig ursprünglich, so wie ich Mitte der 80er Jahre angefangen hatte zu komponieren, als ich Bands wie Depeche Mode, Soft Cell, Eurythmics und Visage hörte. Dementsprechend war es sozusagen eine musikalische Reise in die Vergangenheit, die ich seinerzeit vollzog. Als Teenager hört man wohl die Musik, die einen am nachhaltigsten prägt, da einem in dieser Zeit die Welt und das Leben an sich am intensivsten erscheinen, weil man viele Dinge zum ersten Mal erlebt und zu alledem langsam aber sicher erwachsen wird. Gepaart mit den erstmalig globalen, dystopischen Ereignissen lag der Titel sehr nahe, da mich die Zeit stark an den Roman von George Orwell erinnerte. So war der Albumtitel „1984“ schnell geboren.

Michaela: Alleine das Artbook der Deluxe-Edition sieht schon so aufwändig aus. Wie lange hast du an dem Album und dem Artbook-Design gearbeitet?

DERO: Insgesamt etwa 2 Jahre. Ich wollte natürlich, dass alles akustisch wie optisch zusammenpasst und wie aus einem Guss erscheint. Ich denke auch, dass mir und meinem Team das ganz gut gelungen ist.

Copyright Agata Nigrowskaya

Michaela: Du sagst, du hast zum Glauben gefunden. Jetzt denken viele gleich an eifrigen Kirchgänger, im Artbook sind zumindest einige Psalmen abgedruckt, die auf menschgeschaffenen, kirchlichen Glauben hindeuten.
Was bedeutet Glauben für dich?

DERO: Meiner Meinung nach sind jedwede Religionen menschgemacht, was aber nicht bedeutet, dass es nicht dennoch absolute objektive Wahrheit gibt. Alle unveränderlichen Naturgesetze beweisen schließlich, dass es objektive absolute Wahrheit gibt. Diese wiederum ist nur mit einem absoluten ewigen und objektiven Wahrheitsgeber zu erklären. Hier kommt natürlich der Schöpfer ins Spiel, denn mir persönlich mangelte es schon immer am Glauben an die wissenschaftliche Unmöglichkeit, dass das Nichts zufällig alles erschaffen haben soll, inklusive Information und Intelligenz, also DNA, Naturgesetzen und Verstand, um dies alles zu eruieren. Nur konnte ich bis zu meiner Bekehrung den einzig wahren und lebendigen Gott nicht identifizieren. Gott sei Dank gab ich aber nie mit meiner Suche nach der Wahrheit auf und so benötigte es erst ein paar schwerwiegende persönliche Krisen in meinem Leben, um meinen Stolz quasi zu brechen, damit ich mich schließlich Jesus gegenüber öffnen konnte. In ihm fand ich endlich Frieden, Wahrheit, Liebe und Geborgenheit. All das, wonach ich mich so lange gesehnt hatte. Christus heilte mich von meiner jahrzehntelangen Depression und meinen damit verbundenen Selbstmordgedanken. Dies geschah nicht durch Religion oder irgendwelche Leute, die vor meiner Tür standen und mich voll laberten, sondern allein durch meinen gottgegebenen freien Willen, den ich irgendwann ganz bewusst dazu einsetzte, um mit Jesus durch aufrichtiges Gebet und ehrliche Reue in Kontakt zu treten. Wahrer Glaube kann demnach auch nur in dir entstehen und dir nicht von außen aufgestülpt werden.
Ich glaube fest daran, dass sich der einzig wahre und lebendige Gott allein in Jesus Christus manifestiert hat, unsere Schuld vor ihm, die wir selbst nicht bezahlen können, am Kreuz auf sich genommen hat und sie mit seinem göttlichen und unschuldigen Blut bezahlt hat, und zwar aus reinster Liebe zu uns. Ich glaube, dass allein die Bibel Gottes verlässliches Wort ist und dass alle Religionen, inklusive christlicher Religion, versuchen, dieses göttliche Wort bis zur Unkenntlichkeit zu verdrehen, um Menschen von einer wahren und lebendigen Beziehung zu ihrem Schöpfer und Retter Jesus Christus abzuhalten und somit von ihrer ewigen Rettung. Gott möchte eine aufrichtige Beziehung zu uns und keine toten Rituale oder frommen Leistungssport. Wir können uns nun mal durch nichts in der Welt selbst vor dem verdienten Urteil Gottes über uns retten, weshalb wir alle Christus brauchen, um nicht ins Gericht Gottes zu kommen, da er für uns aus Liebe zu uns starb, damit wir durch seine Auferstehung den glorreichen Sieg über den Tod, ewiges Leben mit ihm haben können…

Michaela: Früher wurden Orwells Romane als Bestseller gehypt, doch heute wird er als Verschwörungstheoretiker abgetan.
Hast du Angst, dass man dich auch so abstempelt, weil du offen deine Meinung vertrittst und auch brisante Thematiken ansprichst?

DERO: Ich finde, dass dieser völlig inflationär missbrauchte Terminus, der seit geraumer Zeit als politischer Kampfbegriff gegen alle Freigeister bzw. selbständig und kritisch denkenden Menschen eingesetzt wird, um sie einzuschüchtern und letztlich mundtot zu machen, mittlerweile zu einer Art Auszeichnung für nicht Mainstream kompatibles Denken avanciert ist.

Wenn mich also jemand „Schwurbler“, „Aluhut“, „Querdenker“ oder eben „Verschwörungstheoretiker“ nennt, so sagt das meiner Erfahrung nach weitaus mehr über den völlig von Mainstream-Propaganda und den entsprechenden Framings durchsetzten Absender aus als über den Adressaten. Diese sich skurrilerweise selbst als überaus tolerant und demokratisch wahrnehmender Menschen offenbaren somit letztlich einerseits ihre überaus verzerrte Selbstwahrnehmung und darüber hinaus ihre totale Demokratie-, Toleranz- und selbständige Denkfeindlichkeit, was natürlich absolut traurig und völlig verheerend für eine eigentlich freiheitlich-demokratisch gesinnte Gesellschaft ist. Dennoch sollte man sich von diesem hasserfüllten Netz-Mob nicht einschüchtern lassen. Mit dem Song „Saturday“ und dem dazugehörigen Video habe ich meine ganz spezielle, individuelle, liebevolle und augenzwinkernde Antwort auf all die Hater und Trolle gegeben…

Michaela: Wir leben in einer Welt, die nach Toleranz und Akzeptanz schreit. Gefühlt sind die, welche am lautesten schreien, oft die intolerantesten.
Vergleichen wir mal „Welle Erdball – Spiel mit der Welt“ und deinen Longplayer „1984“. Die meisten sehen Welle Erdball als Vorreiter und Protestler, wenn es ums Weltgeschehen geht, zumindest ist uns nicht bekannt, dass die Band jemals in die Richtung Aluhut gestellt wurde. Dagegen wirst du aber eher als Querdenker eingeordnet, obwohl es zumeist um dasselbe Thema geht.
Wie sieht deine Meinung dazu aus?

DERO: Ich habe absolut nichts gegen das Querdenken! Mir machen völlig linientreue, mainstreamige, angepasste und stromlinienförmig denkende Menschen weitaus mehr Angst als die, all diejenigen, die sich trauen, auch außerhalb der Mainstream-Box inklusive vorgefertigter Denkmuster zu denken.

Michaela: Du warst Ende 2024 auf Tour. Wie ist dein Album bei den Fans angekommen?

DERO: Erstaunlich gut, dafür, dass das Album erst seit ein paar Tagen auf dem Markt war, als ich tourte. Ich bin überaus froh und dankbar darüber, dass mich immer noch so viele Menschen für meine authentische, unkonventionelle und unangepasste Art schätzen. Die Live-Situation ist natürlich immer besonders spannend, weil du dort als Musiker unmittelbar mit der Reaktion der Fans auf dein neues Material konfrontiert wirst. Da gibt es kein Entkommen, das ist überaus erfrischend ehrlich!

Copyright Agata Nigrowskaya

Michaela: Letztes Jahr erschien dein Album „1984“ und 2025 soll Chris Harms‘ Album „1980“ erscheinen. Habt ihr euch abgesprochen, ist das Zufall oder ist ein Retrotrend ausgebrochen, den wir übersehen haben?

DERO: Natürlich haben wir uns nicht abgesprochen. Ich war selbst überrascht von der Tatsache, dass er etwa ein viertel Jahr später als ich mit „1984“ ebenfalls mit Retro-Synthpop und dem Albumtitel „1980“ inklusive einem ganz ähnlichen Style aufwartet. Wiederum ehrt es mich auch als Künstler ein bisschen, dass ich ganz offensichtlich immer noch imstande bin, andere Musiker nachhaltig zu inspirieren…

Michaela: Würdest du sagen, dass, nachdem du zu dir selbst gefunden hast und öffentlich zu deiner Meinung stehst, du so genannte Freunde, Wegbegleiter und auch Fans verloren hast?

DERO: You win some, lose some! Wer dich aufgrund der Ausübung deiner individuellen Meinung und Einstellung entfreundet, weil er ganz offensichtlich Individualität und das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht ertragen kann, der war auch nie ein wahrer Freund! Enttäuschungen sind ergo auch äußerst lehrreich, weil sie dir letztlich vor Augen führen, dass du dich jahrelang in Menschen getäuscht hast oder sie dich erfolgreich über ihre wahre Persönlichkeit täuschen konnten. Ich habe aber viele alte, längst verloren geglaubte Freundschaften reaktiviert und viele neue Freunde hinzugewonnen, was absolut schön ist…

Michaela: Was ist für dich das Erschreckendste der heutigen Zeit?

DERO: Die Möglichkeit zur Gehirnwäsche und Manipulation! Aber nur, wer an absolute objektive Wahrheit glaubt, kann auch Lüge identifizieren, ganz egal, wie offensichtlich oder subtil diese agiert. Wer sich auf Menschen verlässt, ist schon verloren, da wir nun mal alle nicht mehr im Originalzustand sind und demnach imperfekt…

Michaela: Wie hat sich das Leben nach Oomph! für dich verändert und was sind deine Zukunftspläne?

DERO: Ich schaue nicht zurück und bin überaus froh darüber, in Frieden mit meinen ehemaligen Bandkollegen auseinander gegangen zu sein. Ich habe ihnen seinerzeit alles erdenklich Gute gewünscht, habe sie freundschaftlich umarmt und seither gehen wir getrennte Wege. Ich denke, das ist für alle Beteiligten das Beste…

Michaela: Deine alte Band hat mit Daniel Schulz einen neuen Sänger. Wie stehst du dazu, ist das Konzept Oomph! für dich mit dem neuen Fronter stimmig oder hättest du da was anders gemacht?

DERO: Nun, als Gründungsmitglied der Band OOMPH! hätte ich durchaus die juristische Möglichkeit gehabt, ihnen die Weiterführung des Bandnamens zu untersagen, aber sie wollten unbedingt als OOMPH! mit neuem Sänger weitermachen und ich wollte ihnen absolut keine Steine in den Weg legen. Ich habe ihnen sogar alle Rechte auf die etwa 300 Songs geschenkt, obwohl ich ja an allen Liedern mitgewirkt habe.
Es kursieren natürlich viele krude Gerüchte über meinen Ausstieg bei OOMPH!. Man hätte mich gefeuert oder ich wäre jetzt in irgendeiner Sekte und deshalb ausgestiegen. Nichts davon entspricht der Wahrheit, denn wir hatten uns schon seit etwa 15 Jahren inhaltlich und menschlich immer mehr auseinandergelebt und quasi nur noch gestritten. Irgendwann haben wir dann zu dritt entschieden, dass es besser ist, von nun an getrennte Wege zu gehen, bevor noch jemand aufgrund des permanenten Streits krank wird…
Ich denke, dass Daniel seinen Job ganz ordentlich macht, obwohl es natürlich immer recht schwierig ist, einen Frontmann zu ersetzen, der eine Band seit über 30 Jahren geprägt hatte. Ich wünsche ihnen, wie gesagt, von Herzen alles erdenklich Gute für die Zukunft…

Michaela: Gerne möchten wir dir hier die Möglichkeit geben, das letzte Wort an deine Fans zu richten.

DERO: Vielen Dank für eure jahrzehntelange Treue und dass ihr den Glauben an mich als Künstler und an meine Musik nie verloren habt. Ich verdanke euch in Bezug auf mein Musiker-Dasein alles…

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