Als uns Veranstalter Davide Casarano vor ein paar Monaten von seinem, da schon in voller Planung stehendem Festival erzählte, dachten wir noch „Ob das so eine gute Idee ist?“. Wir haben uns aber schnell überzeugen lassen vom Tatendrang des jungen Italieners. Selbst mit der einen oder anderen Stolperfalle ließ er sich nicht beirren. Location-Wechsel, Band absagen und dergleichen machten es ihm nicht immer einfach, doch Davide zog verbissen durch.
Am 21.04.2018 wurde im „Stellwerk“, einem ehrenamtlich geführten Club, dann das erste „Next Step Festival“ zelebriert. Sieben Bands waren am Start, der Club öffnete mit 10 min Verspätung die Türen, aber es war für alles gesorgt. Getränkepreise waren okay, Platz war genug vorhanden – und selbst für Essen hatte Davide gesorgt. Klar, vom Italiener (Focacceria Apulia) um die Ecke wurden leckere Focaccia gebracht und während des kompletten Events neben der Bar verkauft.
Opener machte der Chef persönlich. Davide und seine Band „Eruption Of Corruption“ lieferten trashigen Sound zu melodischem Gesang. Hier hämmerte ein Mix aus Iron Maiden und System Of A Down auf die Anwesenden. Die Stimmung war von Beginn an gut – und selbst eine vom Fronter geforderte Wall Of Death (niedlich mit nur 10 Mann) wurde zustande gebracht. Mitten im Getümmel waren die Musiker der Folgebands, die sich im Pit schon mal warm machten. Opernreife Klänge ließ Casarano hören, bevor er wieder rauer und härter zur Sache ging. Wenngleich der Gitarrist mit Können überzeugte, so wirkte er leider sehr bewegungsresistent zum Rest der Truppe. Fliegende Dreads vom Bassisten, nettes Lächeln von der Schlagzeugerin und ein Sänger, der deutlich Spaß hatte an dem, was er da machte, ließen dies aber zur Nebensache werden.
Zur Galerie Eruption Of Corruption gehts hier!
Nachdem das Vorprogramm vorbei war, startete das eigentliche Event. Mit „Unnormed“ stand ein Fünfer bereit, der durch dreckigen, rotzigen Sound überzeugte. Das Publikum wurde angeheizt und das Crossover „Metalcore“ knallte aus den Boxen. Ansprechende Riffs, hämmernde Drums und eine gute Bühnenpräsenz wussten zu gefallen. Zu Beginn wirkte Sänger Torben Voß noch etwas schwach auf der Brust, doch sollte sich das recht schnell geben. Der Mix aus Gesang und Screams kam an – und so prallte auch hier die Wall of Death in der Bühnenfront zusammen. Die Band wurde nicht ohne Zugabe entlassen.
Weitere Bilder zu Unnormed findet ihr hier!
Was an diesem Abend sehr schön war: Es trafen die unterschiedlichsten Metalgenres aufeinander. So folgte mit „Ignes Nova“ eine Symphonic-Metal-Band. Leider muss man an dieser Stelle sagen, diese wurde restlos übersteuert. Stand man links der Stage, hörte man nahezu nur den scheppernden Bass. Rechts hingegen so gut wie keinen Bass, dafür das Keyboard, das auf der anderen Seite unterging. Unzählige Rückkopplungen machten das Konzert an dieser Stelle nicht gerade zum Hörvergnügen. Ging man jedoch vor die Tür oder in die WCs, so hatte man einen deutliche Klangverbesserung und konnte das Potenzial der Band genießen. Denn „Ignes Nova“ wissen, was sie tun und das, was sie machen, klingt schon sehr gut, wenn man sie richtig abnimmt. Mit dem „Cantina-Band-Song“ sorgte die Combo für Lacher, bevor sie mit ihrem normalen Programm weiter machte. Die Tempi-Wechsel waren vielleicht etwas ruppig, aber gesanglich wie instrumental hatten es die Hamburger Symphonic-Metaler drauf.
Mehr Bilder von Ignes Nova findet ihr hier!
Mit „Enlaced By Tempest“ wurde bereits die Halbzeit eingeläutet. Die Truppe aus Lübeck legte mit Metal-/Hardcore-Brett hart los. Knüppelharte Riffs, Drumgewitter und dazu, neben ein paar ruhigen Passagen, das typische Core-Gegrunze, oder auch Growls genannt, wurde hier zum Besten gegeben. Aktion vor und auch auf der Bühne war angesagt. Auch wenn hier stellenweise wieder der Loudless-War erklärt wurde und so einigen breiig wurde, konnte man die Show noch genießen. Während sich das scheue Volk am Rand drängelte, so feierten ein paar „brutal“ ab. Im Pit ging es rund – und wenn mal einer stürzte, wurde er auch umgehend aufgesammelt, wie es das Gesetz verlangt. Für einen Lacher bei uns sorgte Eskay der Sänger, der eine Zuschauerin (meine Begleitung) eiskalt erwischte. Diese hatte mal eben den Blick von der Bühne abgewandt – und beim wieder Hinsehen war der Fronter direkt vor ihr und schrie mit Inbrunst ins Mikrofon. Ich bin mir nicht sicher, wer in diesem Moment lauter am Plärren war, er oder sie vor Schreck. Wie nicht anders zu erwarten war, schlug auch diese Band ein wie eine Bombe und überzeugte auf ganzer Linie.
Auch von Enlaced By Tempest gibt es hier mehr Bilder!
Etwas angeschlagen war der Sänger von „Orange Ate Kid“. Die Hamburger Post-Hardcore/Alternative Rock Band zog sehr schnell die Zuschauer in ihren Bann. Leider war auch hier durch Übersteuerung nur ein gemindertes Hörvergnügen geboten. Es wurden nette Synth-Samples zur Einleitung der Songs genutzt. Wenngleich stimmlich nicht auf der Höhe, so überzeugte Felix Bunke trotz allem. Gelegentlich standen sich die Musiker ein wenig im Weg, was der kleinen Bühne geschuldet war. Die Band kam gut an, die Stimmung im Saal war top. Auffallend war an diesem Abend, dass die Zuschauer im stetigen Wechsel waren. So sah man bei diesem Auftritt neue Gesichter vor der Bühne, wohingegen Leute, die zuvor da waren, bereits das Festival verlassen hatten.
Mehr Bilder von Orange Ate Kid findet ihr hier!
Mit „Black Stains“ betraten die Co-Headliner des Abends die Bühne. Das Trio aus Buchholz in der Nordheide lieferte Rock mit schöner Funk-Note. Die tanzbaren Rhythmen fluteten den Raum und das Publikum zog es näher zur Stage. Die Stimme von Samuel Minio könnte man als nasal beschreiben, was einen leichten Jan-Delay-Beigeschmack lieferte. Instrumental top lieferte die Band schon ohne die Gast-Musiker ab. Apropos Gastmusiker: Zum einen wurde im Beisein von Benjamin Fastert (Desvelado) der System Of A Down Klassiker „Aerial“ zum Besten gegeben. Zum anderen holte man sich Nik Nutzz (Ex-Inflator) für zwei Stücke auf die Bühne. Klar war auch, dass mit Nik am Mikro Abriss anstand, denn ihn kann man nicht stoppen. Auch hier bleibt nur zu sagen: Gute Show, tolle Songs und reichlich Spaß – und ohne weiteres ein Hörvergnügen.
Zur Black Stains Galerie geht es hier!
Ein letztes Mal auf der Stage, ein letztes Mal alles geben, hieß es für „Pollywog Chieftain“. Nach sechs gemeinsamen Jahren trennten sich die Musiker und gaben sich beim Next Step Festival die finale Ehre. Bei den Ansagen konnte man schon erahnen, was gleich auf einen zukommen würde. Hart und voller Power feuerte Frontfrau Isabel Ohsmann an. Brachiale Growls ließ sie auch wenig später von sich hören. Dabei sah sie so unschuldig aus. Mit ihren drei Jungs rockte sie das Haus. Gute Riffs, präzise Schlagzeugsalven und hämmernder Bass untermalten die gesangliche Darbietung. Teilweise so hart und doch so melodiös lieferten PC einen Track nach dem anderen. Vor und auf der Bühne gab es kein Halten mehr. Zwischen den Songs wurde immer eine kleine Anekdote erzählt, mal mit mehr oder weniger Pipi in den Augen. Aber nach sechs Jahren darf man schon mal etwas sentimental zurückblicken auf die gemeinsame Zeit. Verdientermaßen waren „Pollywog Chieftain“ die Headliner des Abends – und nicht wenige der Zuschauer werden dieser Combo nachtrauern. Die Zuschauer bekamen einen würdigen letzten Gig geboten.
Mehr Bilder vom Finalen Gig der Pollywog Chieftains findet ihr hier!
Fazit: Hat sich das „Next Step Festival“ rentiert? Auf jeden Fall! Gute Bands, die sich sehen lassen konnten. Geile Stimmung und reichlich Spaß sprachen für sich. Auch wenn nicht immer alles rund lief, ließ sich Veranstalter Davide Casarano nicht abhalten, ein kleines aber feines Festival in Hamburg ins Leben zu rufen. Mit wachsamen Adleraugen überwachte er das Geschehen – und schon im nächsten Jahr wird wieder zum NSF geladen. Wir freuen uns auf die Fortsetzung!
Zweite Meinung heute von Bianca: Alle Bands wurden vom Veranstalter top vorgestellt und angepriesen. Die erste Band legte einen super Start hin und hat die Zuschauer angeheizt für die nachfolgenden Musiker. Allgemein haben die Combos untereinander für Vorfreude auf die nächsten Acts gesorgt oder sich bei den Vorangegangenen für das Stimmung machen bedankt. Toll auch, wie die Zuschauer ins Geschehen dank Interaktion einbezogen wurden. Es hat einfach Lust auf mehr gemacht. Aus meiner Sicht ein abgerundeter Abend und Einklang zwischen den Bands.