Wer Melodic Death Metal mag, kommt an „In Flames“ einfach nicht vorbei. Die Schweden sind quasi die Urväter dieses Genres. Jetzt haben die Männer rund um Anders Fridén und Björn Gelotte ihr 13. Studioalbum rausgebracht. „I, The Mask“ heißt das neue Opus, das am 1. März bei Nuclear Blast erschienen ist. Produziert wurde das Werk wie auch schon das Vorgängeralbum von Howard Benson.
Wir lauschen mal gespannt rein. Die Band war zuletzt irgendwie mehr Prosecco und „Bussi rechts, Bussi links“ statt Bier und Schweiß, aber vielleicht ist sie ja jetzt wieder zu ihren Wurzeln zurückgekehrt, so die leise Hoffnung.
Der Opener „Voices“ beginnt mit einem spannungsgeladenen Aufbau – wird dann zu einer typischen In Flames Nummer mit allerlei technischen Spielereien und zählt zu den härteren Songs. Heftiges Geknüppel dann bei „I, The Mask“ und „Call My Name“, die Schweden scheinen mit diesen Nummern zu ihrer alten Stärke zurückgefunden zu haben.
„I Am Above“ besticht durch einen interessanten Refrain, ein schickes Gitarrensolo und dem unverwechselbaren In-Flames-Sound. Eingängige Hook, kraftvoll – insgesamt einer der stärkeren Songs des neuen Albums. Was danach kommt ist dann deutlich softer, klingt fast wie ein plötzlicher Richtungswechsel.
„This Is Our House“ und „We Will Remember“ sind poppig, und radiotauglich, da helfen auch Kinderchöre so gar nicht weiter. Der Tiefpunkt ist dann mit „In This Life“ erreicht. Durchgängig Klargesang, Friede, Freude, Eierkuchen. Alter Schwede, dazu kann man bestimmt auch Discofox tanzen. Unfassbar schwach. „Burn“ wird wieder etwas härter, aber die Gitarrenriffs hat man so auch schon tausendmal gehört. Das überzeugt nicht, das ist gehört und gleich wieder vergessen. Bei „Deep Inside“ dann diese Stelle wo Anders Fridén dem Hörer untermalt von romantischen Gitarrenklängen leise ins Ohr säuselt – ein Schreckmoment. Und es ist noch nicht vorbei. „Stay With Me“ mit spanisch anmutender Akustikgitarre klingt wie ein Sommerabend am Meer. Okay, Anders kann inzwischen wirklich singen, wer hätte das gedacht? Sogar Harmoniegesang geht – ich bin beeindruckt. Angeekelt, aber beeindruckt. Ekel wegen des klebrigen Sommer-Mallorca-Sounds.
Soweit, so sachlich. Jetzt wird‘s emotional, denn das neue Werk soll ja auch bewertet werden. Zunächst fällt mal auf, dass Anders Fridén, der kleine bärtige Mann aus Schweden sogar Gesangsunterricht genommen hat, wie er stolz in der Pressemitteilung erzählt. Ganz ehrlich – das wurde aber auch mal Zeit. Ich mag ihn wirklich. Wenn er auf der Bühne steht und rühr- oder bierselig mit heiserer Stimme etwas von „My dear friends“ und „Thank you“ murmelt, möchte man ihn knuddeln. Aber warum lernt er nicht endlich mal singen, habe ich mich oft gefragt. Seine Technik beim Growlen, Screamen, Singen ist – Tschuldigung – war erbärmlich! Und jetzt das. Anders hat seine Range erweitert, er trifft höhere Töne (jedenfalls im Studio, wo die technischen Möglichkeiten ja Wunder bewirken können). Besonders deutlich wird das bei „Stay With Me“. Plötzlich ist die Stimme klar und kraftvoll, ist das wirklich Anders, der da singt? Das war es auch schon an Positivem.
Fazit: Das Album ist – nun ja, die Fans der alten Alben werden es hassen. Die Songs auf „I, The Mask“ sind überwiegend zahm und farblos. Man kann es Weiterentwicklung nennen oder aber auch Schielen auf kommerziellen Erfolg und eine Platzierung im Radio. Die ersten vier Songs sind noch kraftvoll und zeigen eine gewisse Härte, danach wird es flach, poppig, langweilig. Nummern wie „In This Life“ sind eine Frechheit und Beleidigung für jeden Metalfan. Viele Songs erinnern an das Vorgängeralbum „Battles“ oder auch an „Sounds Of A Playground Fading“. Die Band, die meine Liebe zum Melodic Death Metal geweckt hat, die ich bedingungslos mochte – ich glaub das war‘s jetzt endgültig mit uns. Schon die letzten Alben habe ich nicht mehr ertragen und war nun doch wieder leicht hoffnungsvoll. Ende, aus, vorbei! Ich geh jetzt ein bisschen weinen.
Wertung: 6/10 Punkten
Tracklist:
01. Voices
02. I, The Mask
03. Call My Name
04. I Am Above
05. Follow Me
06. (This Is Our) House
07. We Will Remember
08. In This Life
09. Burn
10. Deep Inside
11. All The Pain
12. Stay With Me
In Flames
I, The Mask
VÖ: 1. 3. 2019
Label: Nuclearblast
Genre: Melodic Death Metal
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