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Existent – Im Interview

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Die Hamburger Formation
Existent haben gerade ihre neue EP „Kartenhaus“ veröffentlicht. Wir waren von dem Silberling begeistert und baten Fronter Marcel zum Interview. Die junge Band liefert erstklassigen deutschsprachigen Rock. Die Lieder gehen unter die Haut, regen zum Nachdenken an und bleiben im Gehörgang haften. Wer noch keine Kartenhaus-EP hat, sollte sich ranhalten, die sind stark limitiert, es gibt nur 500 Stück, und gehen weg wie warme Semmeln.

 

Michaela: Würdet ihr euch selbst noch als Newcomer bezeichnen – immerhin gibt es euch schon eine ganze Weile lang?

Jonas: Ja und nein. Einerseits gibt es uns schon eine ganze Weile (so seit 2010/2011), andererseits hat davon ja kaum jemand was mitgekriegt, da wir nicht so viel veröffentlicht haben. Dementsprechend ist „Kartenhaus” die erste Veröffentlichung, die größere Aufmerksamkeit erhält und wir sind weiterhin junge, knackige Männer, sodass Newcomer schon zutreffend ist.


Michaela: Wie lange habt ihr euch für die EP Zeit gelassen und warum wurde da kein ganzes Album draus?

Jonas: Hmm, also wir haben direkt nach dem Release unseres Debüts „Startschuss” 2016 angefangen neue Songs zu schreiben und da entstanden auch schon Songs wie Panik in ihren Grundzügen. Und da wir uns halt schon so lange Zeit gelassen haben, wollten wir nicht warten, bis wir ein Album fertiggestellt haben, sondern schon Mal was für die Leute, die uns über die Jahre verfolgt haben, liefern. Wir arbeiten an einem Album und das sieht soweit auch ganz gut aus. Mit dem positiven Feedback zu den neuen Songs auf der EP gehen wir da natürlich auch mit einem besseren Gefühl rein, da sich der Stil ja auch ein bisschen verändert hat und damit ja auch das Risiko besteht, dass die Leute den neuen Stil scheiße finden.

Michaela: Warum habt ihr euch für Deutsch-Rock entschieden?

Jonas: Das war nicht unbedingt eine bewusste Entscheidung. Für deutsche Texte haben wir uns entschieden, weil wir so mit 15/16 die ersten musikalischen Sachen ausprobiert haben und wir uns da auf Englisch nicht so ausdrücken konnten, wie wir das gerne gewollt hätten. Außerdem hatte Marcel damals jetzt nicht unbedingt die geilste Aussprache.

Unser Englisch ist mittlerweile besser bis sehr gut, aber wir haben Gefallen an den deutschen Texten gefunden und auch immer wieder gesagt bekommen, dass Leute es toll finden, dass man unsere Texte einfach verstehen kann.

Dass wir Rockmusik machen wollen, war auch recht schnell klar, da wir Rock in unterschiedlichsten Arten und Weisen alle gerne gehört haben und auch immer noch hören.
Und Rockmusik mit deutschen Texten wird nun mal als Deutschrock bezeichnet, auch wenn wir anfangs einfach nur Hard-Rock gesagt haben. Aber wir haben uns mit der Bezeichnung mittlerweile abgefunden.

Michaela: Was sind eure Influenzen, wenn es ums Songwriting geht?

Jonas: Boah, das zu beantworten ist echt schwer. Denn klar gibt es Teile aus Songs, Songs und Artists, die man selber mag und die einen dann bewusst oder unbewusst beeinflussen, wenn man einen Song schreibt. Das Songwriting ist bei uns aber in der Regel ein Prozess mit mehreren Phasen und mehreren beteiligten Personen.

Wenn ich mir jetzt also bei einer Band angucke, wie deren Riffs funktionieren, um selbst sowas ähnliches zu machen, kann es gut passieren, dass sich der Song noch so verändert, dass dieser Einfluss der anderen Band gar nicht mehr vorhanden ist.

Das Ziel am Ende ist ja ein guter Song und nicht so zu klingen, wie jemand anderes. Da wir zwar alle ähnliche Musik hören, aber dann teilweise doch auch unterschiedliche und das Ganze dann im Songwriting-Prozess verschwimmt, würde ich da deshalb jetzt keine konkreten Bandnamen nennen wollen. Die Inspiration kommt aber eher aus den USA als auch Deutschland.



Michaela:
Welche Geschichte steht hinter dem Lied „Haus am Ende der Straße“?

Jonas: Leider eine sehr traurige Geschichte. Der tragische Verlust eines geliebten Menschen von Marcel. Und dieser Mensch hat tatsächlich am Ende einer Straße in einem Haus gelebt, was für das Lied ein schönes Bild ist und damit das Grundmotiv des Liedes.

Da es etwas sehr Persönliches ist, lag das Lied auch lange halbfertig, da dazu ja einerseits die Stimmung und die Gefühle da sein müssen, um so einen Song zu schreiben – also jedenfalls bei uns – und andererseits halt auch die Frage ist, ob man so einen Song auch veröffentlichen möchte. Durch den Tod unseres Fahrers Benni wurde das Thema dann wieder aktuell und betraf noch mehr uns alle gemeinsam als Band, sodass der Song dann fertiggestellt und letztlich ja jetzt auch veröffentlicht wurde.


Michaela: Wie geht es weiter mit der Band, nachdem euer Schlagzeuger gerade bei euch ausgestiegen ist, habt ihr bereits einen Ersatz gefunden?

Jonas: Jaaaa, wir haben endlich jemanden gefunden! Silvano heißt der Gute. Es kann also weitergehen. Wir machen dieses Jahr das Album fertig und können dann nächstes Jahr hoffentlich dann ohne Pandemie mit diesem Album durchstarten und auch wieder live ordentlich loslegen. Da juckt es uns ja mittlerweile schon ordentlich in den Fingern.


Michaela: Wie sieht Existent die Welt und was würdet ihr gerne ändern?

Jonas: Also erstmal glaube ich, dass wir die Welt nicht alle gleichsehen. Jeder hat ja seine eigenen Ansichten und lebt seine eigene Lebensrealität. Das müssen wir als Band erstmal unter einen Hut kriegen, um sich da auf Gemeinsamkeiten zu einigen. Dabei gibt es jetzt aber kein geschlossenes Weltbild – wir wollen uns ja auch laufend reflektieren und verändern.

Die Songs von unserem Debüt waren ja noch etwas unbeschwerter, weil wir da halt Schüler oder Studenten waren, die vor allem ihr Leben genießen wollten. Jetzt sind wir im Ernst des Lebens angekommen und wollen das auch in unserer Musik thematisieren. Wir sehen viele ernsthafte Probleme, die wir nicht mehr ausblenden wollen. Umweltschutz, Klimawandel, soziale Ungerechtigkeit, Wachstums- und Leistungsdruck oder auch Rechtsextremismus.

Michaela: Wie kamt ihr auf Sea Shepherd und warum wollt ihr genau diese Organisation unterstützen?

Jonas: Es erwuchs bei uns die Idee, dass wir nicht nur Themen ansprechen, sondern auch was machen wollen. Dabei ist die Umwelt für uns ein sehr wichtiges Thema, bei dem viel zu wenig passiert. Einerseits achten wir darauf, beim Versand nachhaltige Materialien zu verwenden, andererseits wollen wir darüber hinaus auch einen finanziellen Beitrag leisten. Sea Shepherd ist eine Organisation, die man recht unkompliziert unterstützen kann, offen für neue Konzepte ist (da war während Corona für uns leider nicht so viel möglich) und gute Sachen macht. Wir haben da das Gefühl, dass wir wissen, was mit dem Geld passiert und dass man die direkten Auswirkungen der Projekte von Sea Shepherd auch merkt, da die ja teilweise auch recht radikale Ansätze verfolgen.

Natürlich gibt es aber auch andere Organisationen, die unsere Unterstützung verdient hätten, aber irgendwo müssen wir ja anfangen und Sea Shepherd hart thematisch zu den Songs gut gepasst.


Michaela: Werden weitere Projekte folgen, die ihr unterstützt?

Auf jeden Fall. Da werden wir dann schauen, was thematisch zu den Songs passt und welche Aktionen man da machen kann. Da haben wir aber noch nichts Spruchreifes.


Michaela: Wo würdet ihr Besucher in Hamburg hinschleppen, was sind die besten Clubs, oder was sollte man in HH unbedingt gesehen haben?

Jonas: Ich arbeite in der Hafencity und das sollte man sich schon Mal angeschaut haben, wenn man in Hamburg ist. Also auch nicht nur das Neue der Hafencity, sondern auch die alte Speicherstadt, den Containerhafen, den Elbtunnel. Ansonsten hat Hamburg ja auch einen sehr schönen Stadtpark oder sowas wie Planten un Bloomen. Je nachdem, ob man sich eher für Party, Shopping, Kunst, Kultur oder Geschichte interessiert, gibt es da natürlich noch viele weitere Orte, aber die Gegend um den Hafen, was Grünes und die Reeperbahn sollte man auf jeden Fall besuchen.

Clubs und Kneipen sind halt so die Frage. Rund um die Reeperbahn oder die Schanze gibt es da so viel, dass man da einfach tagesabhängig mal gucken gehen kann und sich nicht unbedingt vorher festlegen muss. Da gibt es Hipster-Bars, urige kleine Kneipen, Irish Pubs, Metal-Schuppen wie das NightLight oder auch Clubs wie das Headcrash, wenn man das Tanzbein schwingen möchte. Unsere Stammkneipe musste leider vor einigen Jahren schließen, sodass wir selbst auch noch auf der Suche nach der besten Kneipe sind.


Michaela: Welche Band oder welches Album würdet ihr den Lesern empfehlen?

Jonas: Ich feier seit einiger Zeit Body Count mit Ice-T ziemlich. Da ist 2020 das neue Album „Carnivore” erschienen, das ziemlich fett ist – wobei ich das 2017er Album Bloodlust besser finde.

Marcel: Puh… da sind aktuell viele Platten am Start, die man einfach gehört haben muss. Zieht euch die aktuelle Gojira Platte rein! Insgesamt hat es die Band mit „Fortitude” thematisch exakt auf den Punkt gebracht!

Julian: Bei mir gehört Graveyard Shift von Motionless in White definitiv zu den Dauerbrennern.

Michaela: Wenn ihr es könntet, was würdet ihr eurem 10 Jahre alten „Ich“ gerne sagen?

Jonas: Mach dir keinen Kopf, es wird alles gut und lass dich von den Lehrern nicht ärgern. Scheißegal, ob da mal eine 6 bei ist – das interessiert später eh keinen, so lange es nicht gerade dein Abschlusszeugnis ist.

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