Ska entstand in den 50ern in Jamaika und wurde später im Reggae weiterentwickelt. Irgendwann gegen Ende der 70er schwappte das Ganze dann auch nach Europa rüber, um genauer zu sein, nach England. Die bekanntesten Vertreter aus UK sind und bleiben wohl Madness. Aber auch Deutschland hat einiges an Ska-Bands zu bieten. Ska-Punk aus Düsseldorf, das klingt verdächtig nach Sinnfrei. Die 2015 gegründete Formation haut via Dackelton Records/ Broken Silence ihr neues Album „Erotik Des Zerfalls“ nach knapp zwei Jahren, heute, am 13. Mai endlich auf den Tresen. Danach geht es auch auf eine kleine Tour durch Deutschland.
Der Silberling wurde mit 12 Tracks bestückt, rotiert rund 37 in der Anlage und liefert tanzbare Beats. Die Texte in Deutsch gehalten, rotzig, leicht schräg, wie Punk eben so zu sein hat. Die Melodien groovig, treibend, hier etwas Rock’n’Roll, da Ska und reichlich abwechslungsreich.
Das wäre der Beschreibungsquickie des Albums. Für mehr lest weiter!
Für mehr Rückgrat wirbt das Sextett gleich im Opener „Stock-Im-Arsch-Typ“, Tempiwechsel und vor allem die treibenden Beats sorgen für den richtigen Nachdruck. Posaunen- und Trompetenklänge sind ein fester Bestandteil des Ska und machen diesen immer zur Party-Mukke schlechthin. Diese Musik will live gespielt, gehört und abgefeiert werden.
Auch wenn der Titel „Forever Alone“ nach Trennung klingt, schreit die Melodie „Happy“, „Scheiß drauf“, „Single sein ist Geil“ und lädt zum Mitgröhlen ein. Sehr erfreulich sind die satten Basslines, die man sehr gut raushört.
Der Titeltrack „Erotik Des Zerfalls“ verschüttet Rock’n’Roll-Vibes, rotzige Vocals mit Punk Attitüde und doch mit Botschaft. Der Off-Beat tritt in den Hintergrund. Der Song bleibt im Ohr und hat Wiedererkennungswert, also alles richtig gemacht.
Wenn Jungs die Dating-Apps testen, so singen euch Sinnfrei ein Ständchen über „Tinder“. Wie die meisten Tinderdates ist es eher ein Quickie geworden.
Sehr schön Off-Beat schallt „Komm Mal Klar“ aus der Anlage, also richte das Chaos im Kopf und auf gehts in die nächste Etappe.
Bis jetzt hat es jeder Track geschafft, ein gutes Gefühl zu vermitteln, egal, was der lyrische Erguss uns vorgibt. Das erste Mal, dass der Mann an der Gitarre eine Art Solo hinlegt, meist ist er eher eine Nebensache in den Liedern, also nicht so richtig auszumachen. „College Song“ wird nachgereicht, hier hätte es thematisch etwas mehr Party sein können, instrumental wie immer geil.
Rasante Beats gibt es bei „Sozialinkontinenz feat. Daniel Robust“ auf die Lauscher, jedoch wird man auch reichlich schräg angesungen. Hier werden Schwurbler, Verschwörungstheoretiker und Co. aufs Korn genommen. Die Punk-Attitüde schlägt in der zweiten Hälfte des Songs dann deutlich stärker zu.
„Manchmal“…tanzt man dann zu der cleanen, Ska-/Reggae-lastigen Mukke durch die Bude, spielt Air-Posaune oder Trompete und schaltet ansonsten einfach den Kopf aus. Ach eigentlich haben die Jungs doch gerade gesungen, man sollte mal wieder was auf die Beine stellen, damit man nicht in der Bude verschimmelt.
Rock’n’Roll und Punk fetzen aus der Anlage und fordern, dass es „Besser“ geht. Sozial- und Politikkritik im perfekten Soundkostüm, sehr ansprechend verpackt.
Eine leichte Die-Ärzte-Note schwingt dann bei „Ansatzlos gestrichen“ mit. Die Trennung oder besser gesagt „es tut weh“, kann ja so melodisch vertont werden. Im letzten Drittel wird ein Gitarrensolo geliefert. Tanzen ist auch bei „Um Den Freien Willen“ angesagt.
Jeder kennt es, „Nicht Gut Für Mich“, mal ein kleiner guter Vorsätze-Song von Sinnfrei schmeißt uns dann aus dem Album. Für uns geht es gleich wieder von vorne los, wir wollen mehr.
Fazit: Ska-Punk, der für gute Laune sorgt, und doch sozialkritisch um sich schlägt. Der Longplayer liefert aussagekräftige Botschaften zwischen Happy-Vibes, abwechslungsreiche Rhythmen, oder auch kurz gesagt, die Musik geht ins Ohr. Das Einzige, worüber wir vielleicht meckern könnten, ist hier und da der Gesang gewesen, aber auch das wäre Meckern auf hohem Niveau. Wir sagen mal, ran an die Scheibe und abfeiern, hier kann man nichts falsch machen.
Punkte 9 von 10
Tracklist:
01.Stock-Im-Arsch-Typ
02.Forever Alone
03.Erotik Des Zerfalls
04.Tinder
05.Komm Mal Klar
06.College Song
07.Sozialinkontinenz feat. Daniel Robust
08.Manchmal
09.Besser
10.Ansatzlos gestrichen
11.Um Den Freien Willen
12.Nicht Gut Für Mich
Sinnfrei
Erotik Des Zerfalls
Label: Dackelton Records/ Broken Silence
VÖ: 13.05.2022
Genre: Ska-Punk
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