Vorab der Grund, warum diese Review erst jetzt erscheint: Wir haben zum Verkaufsstart in „Aphrodiasiac Odyssey“ reingehört – und danach diese großgeschriebene Band, auf dem Desktop hin- und hergeschoben. Trotz Majuskeln erhält der Silberling eine zweite Chance, gehört zu werden. Und erhält ein Kompliment.
Nicht erst seit der Sonic Seducer ANTIAGE mit dem Industrial-Pop-Song „No Sacrifice“ im Frühjahr zum Gewinner „Battle of the Bands“ kürte, beobachten wir das Thüringer Trio mit Interesse. Bereits beim 2022er Autumn Moon Tribute gelang der erst 2019 gegründeten Band ein Achtungserfolg. Die Macher Kaa Soleil (Gesang), Finton Connedy (Gitarre, Piano) und Veto Lestard (Keyboard, Programming, Backing Vocals) stehen nicht erst seit gestern mit beiden Beinen im Synth-Rock-Business.
Zurück zu: Da flattert uns schon wieder ein deutscher Elektro-Pop-Mix mit Stilblüten-Werbetext auf den Tisch. Wir lauschen trotzdem rein. Das erstes Fazit: Mit der fordernden Stimme und den plätschernden Songs, verliert oder siegt diese Scheibe in den Gehörgängen. Wobei uns, zugegebenermaßen, erst das zweite, dritte Hören überzeugt.
Denn der Silberling klingt einerseits sehr Retro 80s, in dem viele Elemente bekannter Größen des Synth-Genres erkennbar sind, ist andererseits aber auf modern getunt und voller Liebe zu dieser Art Musik.
Kommen wir zu den Liedern von ANTIAGE, die sich lyrisch und musikalisch als „Reise durch tiefschwarze Täler der Seele, über die steinig-steilen grauen Hänge des Lebens bis hin zu den schmalen, hell erleuchteten Gipfeln der Ekstase, verstehen“/Zitat Promotion.
Der softe Titelsong „Aphrodiasiac Odyssey“ erinnert kompositorisch reduziert an Rock-Opern wie Bowies „Space Oddity“ und Queens „Bohemian Rapsody“. Mit symphonischem Pianopart, DJ Tunings, sphärischen Sounds, einer moderaten Spannungssteigerung und hintergründigen Lyrics. Ähnlich gestaltet sich die Ballade „Don´t Let Me Sleep“, ein Song nach Mercury-Gusto, der zum Runterkommen nach einem Stresstag einlädt. Mehrdeutig.
Doch ANTIAGE können mehr elektrisieren. Im Dancehall-Mix „Hologram“ experimentiert das Trio mit dem Aufdrehen der Synthesizer. Mit dem Soft-Elektro „Devine“ auf dem Dancefloor Tanzfläche, haucht er/sie/es bestimmt „She is so devine“ ins Ohr des Tanzpartners. Die Songs animieren zum Mitsingen. Was sich mit dem weichgespültem „Lone“ oder dem etwas rockigeren „Insania“ bestätigt, die gekonnt Mainstream kuscheln. Wohingegen „Magnet Valley“ mit einfallsarmem Synth-Rock sich einreiht in die Songs, die uns nicht gänzlich überzeugen.
Extrem spannungsreich gelingt das experimentelle „Oxytocin“, nicht zuletzt wegen der eingespielten weiblichen Computerstimme und der akzentuierten Synths. Ein Song, der die Fähigkeit besitzt, zu inspirieren. Wem der Begriff nicht geläufig ist: Oxytocin ist ein Hormon im Gehirn, welches unter anderem Wehen auslöst und Beziehungen beeinflusst. Ein weiterer Song, der ad hoc überzeugt ist „No Sacrifice“. Für uns eines der Highlight auf diesem Album.
Fazit: Abgesehen vom Eigennamen in Großbuchstaben ist ANTIAGE kaum etwas vorzuwerfen. Das vorliegende Album bekommt von uns eine Kaufempfehlung. Die Kombination aus Industrial-Pop, Electronic-Rock und Synthrock ist ansprechend umgesetzt und wird sicherlich viele Anhänger innovativer Musik begeistern. Wir sehen aktuell auf der Scheibe nicht den Hit, der nachhaltig im Ohr hängen bleibt, aber ANTIAGE sind mit dem Zungenbrecher „Aphrodiasiac Odyssey“ auf gutem Weg, sich in der Schwarzen Szene zu etablieren.
Punkte 8.0 von 10
Tracklist
01. All Flowers dead
02.Serenade
03.No Sacrifice
04.Divine
05.Magnet Valley
06.Oxytocin
07.Lone
08.Aphrodisiac Odyssey
09.Hologram
10.Insania
11.Don´t Let Me Sleep
ANTIAGE
Aphrodisiac Odyssey
Label: Infacted Recordings (zur Info: unabhängiges Label des Suicide Commando Keyboarders Torben Schmidt, weitere Künstler unter dem Label: Frozen Plasma, Grendel, Prager Handgriff)
VÖ:26.05.2023
Genre: Industrial-Pop, Electronic-Rock, Synthrock
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Titelfoto: DaveArtPix